Irgendwo lauert sie. Sie ist stark, flink, etwas übergewichtig und unheimlich hinterlistig. Ich habe schon gehört, wie einige Menschen sie Luzi nennen. Es wird wohl die weibliche Variante für «Luzifer» sein.

Es ist immer dasselbe. Mein Hund Brazzo muss spätabends noch raus. Das obligate Wasserlassen vor dem Zubettgehen. Gleich um die Ecke lauert sie. Die rothaarige Luzi. Vor dem Haus mit der Nummer 22 versteckt sie sich meist. Wo sie wohnt oder wem sie gehört, weiss ich nicht. Aber sie ist immer dort, weil vor dem Haus ein kleiner Weg entlangführt, der von vielen Menschen – insbesondere Hundehaltern – genutzt wird. Es ist ihr Jagdrevier.

Luzi ist nie gelangweilt. Denn sobald es dunkel wird, ist sie eine Hundejägerin. Die selbsternannte Königin der Nacht. Auf dem Vorplatz ihres Hauses stehen viele Pflanzen, ein PingPong-Tisch, mehrere Fahrräder und ein alter Grill. Auf jeden Fall perfekte Verhältnisse, um sich zu verstecken.

Wenn wir uns dem Haus nähern, sind ich und Brazzo gleichermassen angespannt. Wir wissen beide, irgendwo hier ist sie. Und wir wissen, wir werden beobachtet. Wir haben schon vielerlei Angriffe von Luzi erlebt. Mal wartet sie geduldig im Rhododendron-Busch, mal prescht sie unter einem Smart hervor, mal springt sie von einem Kleintransporter herab. Ihr Angriffsziel ist immer dasselbe: mein Hund Brazzo.

Und auch dieses Mal ist es so. Luzi versteckt sich hinter einem Kickboard. Einem Kickboard mit Katzenaugen-Reflektoren dran. Wie originell. Mein Hund erkennt sie nicht. Ich sehe ihre Augen schon von Weitem funkeln. Kurz bevor sie ihren Angriff lancieren kann, stampfe ich mit dem Fuss auf den Boden. Ein nützliches Mittel gegen Luzi. Sie macht sich aus dem Staub.

Wir können die «Luzi-Gasse» unbeschadet passieren und Brazzo kann in Ruhe sein Geschäft verrichten. Hundert Meter weiter vorne höre ich zuerst ein Fauchen, dann ein jaulendes Bellen, dann ein «Gopferdammi, hau ab du dummi Chatz». Luzi, die Kami-Katze, hat wieder zugeschlagen.