Brisbane, Australien. 16 Uhr. Die Sonne brennt. Ich sitze in einem Greyhound-Bus. Weil ich 1000 Kilometer nach Sydney reise, habe ich mir einen Platz mit viel Beinfreiheit ergattert. Links vom Fahrer, ganz vorne. Die 26-stündige Fahrt soll ja einigermassen angenehm werden.

Die ersten Stunden vergehen wie im Flug. Gegen Mitternacht halten wir an einer Raststätte. Mitten im Nirgendwo. Seit einer Stunde war kein Auto mehr zu sehen. Der Busfahrer steht vor mir an der Kasse. Er will seine «Fish&Chips» bezahlen. «Sandy arbeitet doch freitags immer hier. Wo ist sie?», fragt er die Kassiererin. Die Antwort schockiert. «Sie ist gestern gestorben. Autounfall», flüstert die Kassiererin und beginnt zu weinen. Die Reaktion des Busfahrers: «Wo ist das Ketchup?»

Als Greyhound-Chauffeur darf man nicht allzu sensibel sein. Das kriege ich wenig später wieder zu spüren: Ich bin am Eindösen. Weil ich den Sicherheitsgurt trage, sind die Gemütlichkeitspositionen sehr eingeschränkt. Ich entscheide mich, ihn abzulegen und mich quer auf die Sitze zu legen. Eine halbe Stunde lang geht das gut – dann werde ich brutal aus dem Schlaf gerissen. Erst quietschen die Reifen, dann gibts einen Knall, ich fliege zwei Meter nach vorne, liege neben dem Chauffer am Boden. «Fucking Kangaroo», sagt er mit australischer Lockerheit. Dann sieht der Fahrer zu mir nach unten und sagt lächelnd: «You better pull the seatbelt on, man» – «Zieh dir biesser den Sicherheitsgurt an, Mann». Ich schwanke zurück auf meinen Platz und zieh mir sofort den Gurt an. Ich habe die Flugeinlage im Schlaf ohne Verletzung überstanden – war aber doch ein wenig aufgewühlt.

Bald habe ich mich beruhigt und döse wieder ein. Plötzlich zieht der Greyhound-Bus wieder eine Vollbremse. Es knallt. «Fucking Kangaroo». Der Bus steht still. Der Chauffeur blickt in den Rückspiegel und sieht, dass das Känguru noch zuckt. Er haut den Rückwärtsgang rein. «Poor Kangaroo» – «Armes Känguru», sagt er, während er mit dem Bus über das angefahrene Tier holpert und ihm den Gnadenstoss gibt. Ich bin schockiert. Die anderen Passagiere nehmens lockerer. «Fucking Kangaroo», sagt hinter mir eine Oma. Für mich ist klar: Ich will nie mehr mit dem Greyhound-Bus fahren.